STREET & TRAVEL

Photokina 2014 | 4 – bekannte Photographen ganz nah

¶   Wie schon berichtet, habe ich viel Zeit auf dem Fuji-Stand verbracht, nicht zuletzt wegen der Vorträge und Demos von zahlreichen „X-Photographen“. Natürlich habe ich nicht alle Vorträge gehört, aber einige Namen haben mich doch sehr interessiert …

¶   Die temperamentvolle Bobby Lane schilderte packend ihre Arbeitsweise und den Wechsel von Nikon nach Fuji für die Mehrzahl ihrer photographischen Aktivitäten. Der Vortrag war vollgepackt mit unglaublich vielen Bildern & Infos und wurde ergänzt durch ein Live-Shooting, bei der sie den scharfen Vordergrund (geblitzt) vor dem unscharfen Hintergrund ins richtige Verhältnis setzte.

Für den umfangreichen Vortrag hätte normalerweise vermutlich nicht einmal die doppelte Zeit gereicht, – toll, so viele Infos in so kurzer Zeit! ;-)

¶   Zack Arias präsentierte sich und seine Photographie locker und spaßig; ja fast schon komödiantisch. Zentraler Punkt für ihn ist es ein Bild zu schaffen, das immer auch Menschen zeigt; denn Menschen im Bild schaffen Bezüge und erzählen Geschichten. Obwohl er von der People- und Porträtphotographie kommt, hat er mit der X100 die Street-Photographie für sich entdeckt. Wie das möglichst unauffällig geht, daß wußte Zack amüsant zu demonstrieren …

¶   Und dann packte Zack noch den Instax-Drucker aus und erklärte, daß dieses Ding inzwischen ein für ihn unverzichtbares „Zubehör“ ist, weil er über alle Sprachgrenzen hinweg so ruck-zuck mit Menschen ins Gespräch kommt. Einfach so: mache ein Photo, gib ein Instax-Bild direkt und drahtlos aus der Kamera raus, die Stimmung ist gut und man kommt ins Gespräch! Einige Beispiele aus einer Kölner Kneipe am Abend zuvor waren dabei sehr anschaulich mit dem Ergebnis: er war bis 4 Uhr in der Früh auf den Beinen … Doch auch in Paris scheint dieses Instax-Ding zu funktionieren (The Girl On A Bridge). Cool!

¶   Bert Stephani beeindruckte mit seinem Vortrag auf ganz andere Weise. Offen schilderte er, wie es ihn zwischen „high-fashion“-Shootings und seinem eigenen, privaten Anspruch fast zerrissen hat. Dabei wollte nur einfach „seine Photos“ machen. Ein Weg dorthin war es sich von unnötigem Technikbalast zu befreien.

¶   Bert macht nicht unbedingt das perfekte Bild, sondern Bilder von Menschen, die immer auch etwas Spaßiges enthalten, ein Schmunzeln erzeugen oder sogar ein bißchen „schräg“ sind, – eben nicht perfekt.

¶   Daß er aber nicht nur ein gutes Auge für Menschen und Situationen hat, bewies er dann mal kurz mit einem Live-Porträt-Shooting. Das Setup war denkbar simpel: nur eine Softbox und ein Reflektor. Model hingestellt und peng, fertig ist das ungekünsteltes SW-Portrait! Ergebnisse kann ich hier leider nicht zeigen, aber auf Facebook soll es welche geben … Und: die Models hatten sichtlich Spaß beim Shooting! Das war nicht nur Job, die fühlten sich wohl! Eben alles „ganz einfach“ …

¶   Ganz anders ist Kevin Mullins aus England. Eher zurückhaltend, und nur ab und zu mit diesem typisch trockenen englischen Humor. – Seine Photos sind fast alle Available-Light-Aufnahmen, kein Blitz, nur in Schwarz-Weiß, nichts Gestelltes, einfach nur hingucken und abdrücken. Die RGB-Pixel vermißt man bei den Bildern von Kevin wirklich nicht …

¶   Ein Satz ist mir im Gedächnis geblieben und der ging ungefähr so: „ … ich mag eigentlich keine Hochzeiten. Ich bin eher ein Street-Photograph, ich dokumentiere Geschehnisse mit Menschen. Letztlich mache ich „Street“ auf Hochzeiten, da habe ich alles an einem Ort, an einem Termin …“ Quasi ein Geschichtenerzähler auf Hochzeiten, denn Kevin arbeitet fast ausschließlich als Hochzeitsphotograph.

¶   Doch dann erzählte Kevin von einer Frau, die ihr Kind mit Kaiserschnitt zur Welt bringen mußte, und er sollte photographieren. Und zwar alles! Ihm war nicht so ganz wohl dabei, sicherlich verständlich. – Aber das Ergebnis dieser siebenstündigen Dokumentation ist einfach sensationell und ich gebe zu, daß ist für mich das Highlight in diesem Jahr ( Maja ). Unfaßfar gut gemacht. Darüber vergißt man jede Pixel-Peeperei, wetten das …!

¶   Tja, und dann noch Patrick La Roque aus Kanada. Zugegeben, ihn kannte ich nicht, war aber ziemlich überrascht von dem, was er vortrug. Man denkt zuerst: was soll denn das? Nichts ist gerade, geordnet, alles eher fragmentarisch, manchmal sogar chaotisch. Dazu extreme Licht-Schatten-Kontraste. Alles sehr ungewöhnlich. Doch man merkt schnell, da steckt ein waches Auge dahinter. Das alles ist supergut gesehen und gekonnt ins Bild gesetzt! – Und so ganz nebenbei gesagt: dieser ungewöhnliche Stil setzt sich bei dem Webdesign seiner Hompepae fort …

¶   Leider erwischte Patrick den Fehlerteufel beim Demo-Porträt-Shooting, das Tethering zum PC klappte nicht. Aber die ersten wenigen Bilder waren schon cool: das Model in Bewegung, wehende Haare, wiederum extreme Lichtsetzung. Schade für ihn und die Zuschauer, daß er via Beamer nicht mehr zeigen konnte!

¶   Nachklap: Doch halt! Patrick hat seine eigene Photokina-Nachbetrachtung (»Decanting the Photokina experience«) etliche dieser Wahnsinnsbilder publiziert. Unbedingt anklicken, es lohnt sich!!

¶   Außerdem hat Patrick das Projekt KAGE collective aufgesetzt. Das Projekts zeigt Photo-Projekte und persönliche Sichtweisen „gleichgesinnter“ Photokollegen. Ein tolles Projekt und jedem ans Herz gelegt. – Ich stelle mir vor, daß so ähnlich einmal Magnum angefangen haben muß?, mit nur wenigen Photographen und ähnlichen Ideen & Vorstellungen.

¶   Gut, ein Fazit zum Schluß: Allen gemeinsam ist wohl der Wunsch mit Bildern Geschichten zu erzählen und dies mit einer „immer-dabei-Kamera“ oder „zurück zur eigentlichen Photogaphie“. Also Technik abrüsten zugunsten von mehr Bildern und damit Raum für Kreativität schaffen.

¶   Interessant auch zu sehen, wie viele Photographen sich auch in die Vorträge ihrer Kollegen gesetzt haben und versuchten, tolle Bilder zu machen. Photoverrückte im positiven Sinn halt und ja auch die schießen schon mal „nur“ Erinnerungsphotos …

¶   Tja, und nach Kevin Mullins Vortrag photographiere ich wieder mehr in Schwarz-Weiß … Lächelnd

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