… die Story!

¶   Die Vorgeschichte ist, daß ich jahrelang mich im Rahmen von Layout- und Corporate Design Jobs viel mit Schriften und Typographie beschäftigt habe. Ein überaus interessantes Fachgebiet, auch und gerade für ein erfolgreiches Marketing und guter (schriftlicher) Kommunikation! – Von daher waren mir traditionelle Schriften wie die Venezianische Renaissance-Antiqua vertraut, obwohl sie heute – trotz ihrer auch heute noch unbeschreiblichen Eleganz und guten Lesbarkeit – nahezu vollständig vom Markt verschwunden sind. – Wer sich hierzu etwas informieren möchte, der kann ja einmal bei Wikipedia einsteigen und den weiterführenden Seiten / Informationen folgen!

¶   Als ich in 2017 zum zweiten Mal in Venedig auf Photo-Tour war, hatte ich mir vor­ge­nommen den weithin als »Gutenberg von Venedig« bekannten Stampatore Gianni Basso in seiner Druckerei aufzusuchen. – Wer im Internet nach ihm sucht, findet viele Links, – eine eigene Homepage hat er wohl nicht; braucht er auch nicht, – bei seiner Bekanntheit …

¶   Irgenwann stand ich nach zahllosen rechts-links-Winkelzügen in den Gassen Venedig vor »DER Druckerei«. Die läßt sich leicht übersehen, denn es ist ein normales, kleines Gebäude mit einer ebenso kleinen Auslage von verschiedenen Karten, Visitenkarten, Grafiken usw. – Ich also rein und kam sogleich mit Gianni ins Gespräch. Na ja, Gespräch … sein English war wenigstens besser als mein Italienisch, also nimmt man Hände, Füße und eine freundliche Mimik zu Hilfe …

¶   Gianni nahm sich viel Zeit, um mir seine Druckerei zu zeigen. Wow – ältere »Werkzeuge« habe ich noch nirgendwo gesehen. Ja, sogar historische Schriften aus Holz waren noch vorhanden und mit denen wird auch heute noch gedruckt! – Klar, die Kantenschärfe dieser Formen sind durch jahrelangen Gebrauch nicht mehr so, wie wir das heute von einem metallischen Druckstempel kennen, aber was solls? Hier wurden noch wirklich alte, historische Schriften benutzt und die zahllosen Muster in den Regalen, Auslagen und Kästen vermitteln einen Blick in das Druckergewerbe vor mehr als 200 Jahren. Einfach unglaublich!

¶   Und während ich mich so umschaue, sehe ich plötzlich eine Visitenkarte von – na? – Elliot Erwitt! Bähm … Ja, Elliott ist ja ein »halber Italiener«, zumindest in Mailand aufgewachsen und erst später mit seiner Familie nach USA emigriert. Seine Visitenkarte paßt wirklich zu hundert Prozent: schlicht, reduziert auf das Wesentliche, sein Kopf ist sogar trotz der vereinfachenden Grafik »der Elliott«, wie man ihn kennt. Und die Kamera hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Asai Pentax Spotmatic, mit der Elliott so viele seiner Bilder geschossen hat … Ich war einfach nur baff!

¶   Schnell war klar, ich wollte auch eine Visitenkarte haben, mit einer klassischen Antiqua, – schlicht und für besondere Gelegenheiten und Menschen, die mir wichtig sind. – Viel Zeit für eine ausgefallenes Design war nicht, die technischen Möglichkeiten sind natürlich auch begrenzt, – aber nach einem »Hände-Arme-und-Füße-Gespräch« waren wir uns einig. Zwei Tage später durfte ich dann »meine Visitenkarte« von Gianni abholen …

¶   Jetzt habe ich ganz vergessen zu erzählen, daß ich natürlich auch Photos von Gianni und seiner historischen Druckerei machen durfte; ich denke, ich war nicht erste und einzige Knipser, der ihn um Erlaubnis fragte …

¶   Und zum Schluß noch eine erfreuliche Nachricht für alle Freunde dieses alten Kunst-Handwerks: die Druckerei soll und wird wohl in die nächste Generation weitergeführt werden, denn Giannis Sohn werkelte bereits emsig mit und wird wohl in Vaters Fußstapfen treten. – Also, wenn ihr nach Venedig kommt, dann macht einen Abstecher in Stampatore von Gianni Basso!